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Ein paar Sorgen ums Geld weniger!

 

Die rechtlichen Neuerungen zum Jahreswechsel haben durchwachsene Konsequenzen. Die Einführung des BTHG mit seinen Veränderungen bezüglich der Kosten, den neuen Bescheiden zur Grundsicherung, dem Wohngeld, dem Werkstattlohn sowie - nicht zu vergessen und hervorzuheben - das Heranziehen von Familienmitgliedern zur Finanzierung der Hilfen für beeinträchtigte Menschen können unter dem Strich monetär positiv gesehen werden. In der Durchführung klemmt es noch an manchen Stellen sowohl in der Transparenz als auch im Wissen aller Beteiligten.

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Das Gesetz zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe hilft.

Die Frage der Versorgung beschäftigt viele Eltern und Kinder von beeinträchtigten Familienmitgliedern. Wann und wie viel ihres Einkommens müssen Familienmitglieder gegebenenfalls für ihr beeinträchtigtes Familienmitglied zahlen, wenn dieses zum Leistungsbezieher nach dem SGB XII - also zum Sozialhilfeempfänger – wird? Nach bisheriger Regelung könnten sie unterhaltsverpflichtet werden! Man ging von der „gegenseitigen Einstandspflicht“ innerhalb der engeren Familie aus. Die Unsicherheit schafft Stress und Depression. Jetzt hat sich die Politik in eine richtige Richtung bewegt.

 

Das Angehörigen-Entlastungsgesetz schafft jetzt mehr Klarheit. Im Gesetz taucht häufig der Begriff „Unterhaltverpflichteter“ auf. Wer ist das? Benötigt ein Mensch finanzielle Hilfe, weil er kein, oder ein zu geringes Einkommen zum Leben hat, wird er zu einem Menschen, dem andere – hier sind die engeren Familienmitglieder gemeint - ihm gegenüber zum Unterhalt verpflichtet sind, sofern er Sozialhilfe beantragt.

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Wenn die Angehörigen eines Menschen, der Sozialhilfe erhält, bis zu 100.000 Euro brutto im Jahr verdienen, müssen sie dem Sozialamt die entstandenen Kosten in der Regel nicht mehr erstatten. Das gilt für jede Person der engeren Familie. Die Unterstützung von Pflegebedürftigen wird so als eine solidarische Entlastung anerkannt. Der zum unterhaltverpflichtende Leistungsbezieher, also der Notleidende, wird hierdurch auch von dem Druck befreit, seiner Familie zur Last zu fallen.

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Liegt das Jahreseinkommen jeweils über 100.000 Euro, ist monatlich ein geringer Unterhaltsbeitrag - im Moment 26,49 Euro - für Leistungen der Grundsicherung oder der Hilfe zum Lebensunterhalt bzw. – im Moment 34,44 Euro - für Leistungen der Hilfe zur Pflege zu zahlen.

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Unterhaltsverpflichtete Eltern werden entlastet, deren volljährige Kinder Eingliederungshilfe beziehen. Sie müssen künftig keinen Beitrag mehr zu den Leistungen für ihre Kinder aufbringen.

Eine Ausnahme gibt es. Für Ehegatten untereinander gilt das nicht, weil sie in besonderer Weise gegenseitig verpflichtet sind (§ 27 Abs. 2 SGB XII).

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Bliebe noch der Aspekt „ambulant vor stationär“. Bei Pflegeleistungen (Hilfe zur Pflege) konnten die Angehörigen bisher ebenfalls zur Kostenbeteiligung herangezogen werden. Auch hier gilt jetzt die 100.000€-Regel. Hier Downloaden.

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Änderungen in der Eingliederungshilfe

Durch die Änderungen in der Eingliederungshilfe - Fachleistungen und existenzsichernde Leistungen sind jetzt getrennt - ist Handlungsbedarf entstanden.

 

Wohngeld zu beantragen, ist nicht für alle neu

Angehörige, deren Beeinträchtigter stationärer untergebracht ist, müssen sich jetzt mit dem Thema auseinandersetzen (Kosten für Unterkunft und Heizung in besonderen Wohnformen § 42a SGB XII). Die Einrichtungen sind häufig durch die von ihnen geforderte Transparenz bei der Festlegung der Miete mit der exakten Festlegung noch nicht immer mit den rechtlichen Betreuern im Einvernehmen. Wie bei allen Mietverhältnissen ist Aufmerksamkeit und sporadische Kontrolle notwendig. Die Abrechnung der „ortsüblichen“ Miete, Nebenkosten, Größe des Wohnraumes, Sie kennen das.

 

Menschen mit Behinderung können ab 1. Januar 2020 durch die umfassende Wohngeld-Reform profitieren, weil das Wohngeld– unter bestimmten Voraussetzungen – für das ambulante betreute Wohnen oder wenn Menschen in einer besonderen Wohnform (SGB IX) oder in einer Pflegeeinrichtung (SGB XI) leben, auch bekommen können. Die Freibeträge für beeinträchtigte Menschen wurden erhöht. Die zu berücksichtigende Miete soll ab 2022 jedes zweite Jahr (nach oben) angepasst werden. Hier Downloaden.

 

Der Werkstatt-Lohn steigt

Die Anpassung der Berufsausbildungsbeihilfe und des Ausbildungsgeldes wird der gezahlte Grundbetrag, durch gesetzliche Festlegung an Beschäftigte der WfbM, in mehreren Stufen erhöht. Zum 01.01.2020 auf zunächst mindestens 89 Euro monatlich. In den folgenden drei Jahren (Januar 2021 bis 2023) wird der Grundbetrag mindestens um jeweils weitere zehn Euro erhöht. Ab Januar 2023 soll er 119 Euro monatlich betragen.

 

Das Ausbildungsgeld weicht von der Regelung (siehe Gesetzes zur Anpassung der Berufsausbildungsbeihilfe und des Ausbildungsgeldes § 241 Absatz 9 SGB IX) ab. Bisher wurden 67€ im 1. Jahr und 80€ im 2. Jahr gezahlt. Ab August 2019 wird ein Ausbildungsgeld von 117€ bis zum Ende des Berufsbildungsbereichs gezahlt. Siehe §125 SGB III, Gesetz zur Arbeitsförderung. Ferner wird ab August 2020 das Entgelt um weitere 2€ erhöht.

 

Mittagessen muss gezahlt werden

Wie die Abrechnung des Mittagessens erfolgt, sofern für den Beeinträchtigten angeboten oder dieser teilnimmt wird sehr unterschiedlich gehandhabt. Durch die Vielschichtigkeit der WfbM, bezüglich ihrer Anbindung an unterschiedliche Träger, ist auch hier das Gespräch mit der WfbM zu suchen. Die Handhabung der Wege zur Verrechnung der Kosten ist noch nicht Routine. Lösungen von Pauschalabzug vom Lohn - ohne einfachen Ausgleich bei Fehlzeiten Krankheit, Urlaub) -, bis zur optimalen tagesfeinen Erfassung sind viele Lösungen in der Einführung. Ggf. ist auch ein formloser Antrag auf Mehrbedarf an die den Bescheid zur Grundsicherung erstellende Verwaltung zu richten.

 

Änderungen bei Existenzsichernde Leistungen

Es gibt neue Regelsätze für Regelbedarfsstufen ab 01.01.2020. Regelbedarfsstufen sind die Grundlage der Sozialhilfe. Die Regelbedarfsstufe wurde/wird im Sozialhilfebescheid mitgeteilt.

  • Volljährige Alleinstehende; z.B. bei den Eltern oder in einer WG lebend: RBS 1 mit 432 Euro (+ 8 Euro im Vergleich zu 2019)

  • Volljährige Partner; Volljährige Bewohner besonderer Wohnformen: RBS 2 mit 389 Euro (+ 7 Euro im Vergleich zu 2019)

  • Volljährige in Einrichtungen sind nach SGB XII: und nach SGB II: 18-24jährige im Elternhaus RBS 3 mit 345 Euro (+ 6 Euro im Vergleich zu 2019)

  • Kinder von 14 bis 17 Jahren RBS 4 mit 328 Euro (+ 6 Euro im Vergleich zu 2019)

  • Kinder von 6 bis 13 Jahren RBS 5 mit 308 Euro (+ 6 Euro im Vergleich zu 2019)

  • Kinder von 0 bis 5 Jahren RBS 6 mit 250 Euro (+ 5 Euro im Vergleich zu 2019)

 

Weitere Randbedingungen sind:

  • Leistungsberechtigte, die in besonderen Wohnformen leben, erhalten die Regelbedarfsstufe 2 (90 Prozent; bisher: Regelbedarfsstufe 3 / 80 Prozent).

  • Für volljährige Leistungsberechtigte beträgt der Barbetrag nach § 27b SGB XII monatlich mindestens 116,64 Euro (27 Prozent der Regelbedarfsstufe 1).

  • Beeinträchtigte Bewohner, die in einer besonderen Wohnform leben, bekommen keinen Barbetrag mehr; aus dem Regelsatz bleibt aber ein Betrag in vergleichbarer Höhe zur persönlichen Verfügung (sog. Barmittel). Das wird im Gesamtplanverfahren besprochen.

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Grundsicherung im Berufsbildungsbereich

Bereits im Eingangsverfahren sowie beim Besuch des Berufsbildungsbereiches einer WfbM besteht ein Anspruch auf Grundsicherung. Im § 41 Abs. 3a SGB XII wird das klargestellt.

 

Regelsatz der Grundsicherung erhöht

Leistungsbezieher der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, siehe § 42 ff SGB XII, erhalten ab 01.01.2020 mehr Geld wenn sie alleinstehend sind oder zuhause bei ihren Eltern leben. Sie erhalten jetzt € 432pro Monat.

Hier sind eine Reihe von Regelungen für Zuschüsse zu den Unterkunftskosten zu beachten, bei denen Unterschiede im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis gemacht werden. Stichwort Wohnkostenzuschuss bzw. Differenzmethode gemäß § 42a Abs. 3 SGB XII; wohl nur mit/von Spezialisten zu verstehen.

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Vermögen und Vermögensgrenze

Die Vermögensgrenze für Menschen mit Behinderung aus der Eingliederungshilfe ist erhöht worden. Sie steigt ab dem 01.01.2020 gemäß § 139 SGB IX von bisher € 30.000 auf € 57.330. Der Wert ergibt sich zu einem Betrag von 150 Prozent der jährlichen Bezugsgröße für die Sozialversicherung nach § 18 Absatz 1 SGB IV.

 

Die Vermögensfreigrenze, die bereits am 01.04.2017 für Leistungen zum Lebensunterhalt wie Leistungen der Grundsicherung beschlossen wurde, beträgt jetzt 5.000 €. anstelle der vorherigen Freigrenze von nur € 2.600. An dieser Freigrenze hat sich zum 01.01.2020 nichts geändert.

 

Die Termin-Service-Stellen unter Tel.: 116 117

Für notwendige Facharztbesuche wurde seit Januar 2020 eine bundesweite Telefonnummer durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) freigeschaltet. Unter der Telefonnummer 116117, so wird versprochen, soll man schnell und regional optimiert, Termine bei Fachärzten bekommen. Die Telefonnummer kann auch in medizinischen Notfällen angerufen werden.

 

Fazit:

Mit diesen neuen Gesetzen werden nicht alle Probleme zum Geld behoben, aber viele Sorgen, Bedenken und Unwägbarkeiten gemildert. Das gilt für die Senioren mit der Sorge um ihre beeinträchtigten Kinder als auch für Kinder/Geschwister deren Eltern in vergleichbare Notlagen kommen könnten.

Hier Downloaden.

Karl Eichler im Jan. 2020

Mitglied im BABdW

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