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Irrwege eines geduldigen/ungeduldigen Patienten zu mehr Gesundheit

 

Mein Sohn Jan-Krystof (53 J.) lebt seit 28 Jahren im „Hessischen Diakoniezentrum Hephata“ in Schwalmstadt. Seit dieser Zeit begleitet ihn ein „Hausarzt“ mit wechselnden Personen aus dem dortigen „Zentralbereich Gesundheit und Therapie“.

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Infolge einer schweren Geburt leidet er an einer Hirnschädigung. Seit 2012 kamen dann epileptische Anfälle hinzu. Vor 5 Jahren begann die Zeit, in der er nur noch kurze Strecken zu Fuß gehen konnte und die allermeiste Zeit im Rollstuhl verbrachte. Das war der Stand bis zum Ende Mai 2020. Da entzündete sich seine Ferse so stark, dass eine Blase in der Klinik ambulant geöffnet werden musste. Die Heilung verlief unendlich langsam, dazu verschlechterte sich sein allgemeiner Zustand, was ich unter den Besuchsregeln zu Corona-Zeiten nur schwer verfolgen konnte. Als ich ihn am 13.08. im Zentralbereich Gesundheit und Therapie deswegen vorstellte, wurden wir beruhigt, die Blutwerte seien in Ordnung, es sei nichts zu veranlassen, und der Heilungsprozess an der Ferse verlaufe normal.

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Zwei Tage später wurde er mit etlichen Beschwerden in eine internistische Station der benachbarten Asklepios-Klinik eingewiesen. Eine Entzündung des Magen-Darm-Traktes wurde festgestellt, aber ihre Bekämpfung führte nicht zu einer Verbesserung seines Zustandes. Nach 12 Tagen musste er sogar in die Intensivstation verlegt werden. Nach weiteren elf Tagen wurde endlich eine generalisierte CM-Virus-Infektion als Ursache der unterschiedlichen Entzündungsherde festgestellt. Diese wurde nun mit Antibiotika zusätzlich erfolgreich bekämpft. So konnte er nach über einem Monat in seine Wohngruppe zurückkehren.

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Er war so schwach, dass er seinen Kopf nicht halten, geschweige denn den Becher zum Trinken selber an den Mund führen konnte.

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Eine Sozialarbeiterin der internistischen Station der Asklepios-Klinik hatte vorher schon bei der AOK die Kostenübernahme einer „neurologischen Frührehabilitation“ beantragt. Sie sollte durchgeführt werden in der „Ruhrtal-Klinik“ in Wickede, einer Einrichtung, die für die Rehabilitation von geistig- und/oder körperlich behinderten Menschen ausgerichtet ist.

Zwei Wochen später wurde der Antrag von der AOK durch eine e-mail an die Klinik abgelehnt, weil eine Indikation für eine neurologische Reha aus einer internistischen Station ihnen nicht plausibel erschien. Dort befand sich mein Sohn ja nun schon länger nicht mehr. Weder der Patient noch ich als sein Betreuer wurden von der AOK unterrichtet. Die Begründung für die Ablehnung war korrekt, die Indikation war falsch.

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Am 15.Oktober stellte ich den Antrag auf „Umwandlung der neurologischen Frührehabilitation in eine gastroenterologische Anschlussheilbehandlung“, gestützt auf den Entlassungsbericht der Klinik und eine eingehende medizinische Begründung von einer mir nahestehende Ärztin.

Allmählich erholte sich mein Sohn in seiner Wohngruppe unter hausärztlicher Begleitung und Physiotherapie. Er hatte aber seit Mai nicht mehr auf eigenen Beinen gestanden und wurde nur im Rollstuhl umhergeschoben. Der Wunsch nach Verbesserung seines Allgemeinzustandes wurde stärker. Die Ruhrtal-Klinik riet, meinen Rechtsanwalt einzuschalten. Sechs Wochen nach dem Umwandlungsantrag drängte dieser die AOK, über meinen Antrag vom 15.10. zu entscheiden. Dann traf ein Schreiben vom Medizinischen Dienst der AOK mit dem gleichen Datum ein: Die Durchführung einer neurologischen Früh-Reha sei nicht nachvollziehbar, die vorgeschlagene Klinik sei geeignet.

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Am 17.12. bat mein Rechtsanwalt dringend um Entscheidung bis zum 22.12. und deutete vorsichtig die Möglichkeit des Klageweges an. Darauf ging am letzten Tag dieser Frist. von der AOK ein Fax ein, dass eine Reha-Klinik gesucht würde. Postwendend erhielt sie abermals die Unterlagen der Ruhrtal-Klinik. Darauf kam am 04.01.2021 die Genehmigung des Antrags „auf eine neurologische Anschlussrehabilitation Phase C“. Die Begründung war zwar falsch, aber das Ziel war erreicht.

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Schon eine Woche später. traf mein Sohn für 3 Wochen in Wickede ein. Er fühlte sich von Anfang an gut aufgehoben. Zum ersten Mal seit Mai 2020 wurde er in die Senkrechte gebracht und mit angemessener Unterstützung zum Gehen aufgefordert. Er klagte durchaus, ließ sich aber motivieren und machte „beim Turnen“ mit. Die AOK genehmigte problemlos eine Verlängerung um weitere zwei Wochen. Wegen eines Herdes von Corona-Infektionen in der Klinik musste er zehn Tage früher wieder nach Hause fahren. Er hatte aber sehr gute Fortschritte gemacht, und nun war in seiner Wohngruppe endlich der Rollator das übliche Fortbewegungsmittel.

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Die fehlenden REHA-Tage wurden von der AOK jetzt problemlos nachgenehmigt. Heute, am 15.03.2021 ist mein Sohn wieder in Wickede eingetroffen und freut sich auf die Fortsetzung der erfolgreichen Reha mit „Turnen und Schwimmen“. Auf diesem Weg kann er wieder zu mehr Lebensqualität kommen.

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Fazit:

Das Handeln vom Sozial-Dienst der Asklepios-Klinik und der AOK war chaotisch. Das Agieren, weder Patienten noch Betreuer einzubeziehen, ist rechtswidrig. Die Verständigung zwischen AOK und Medizinischem Dienst erschien mir nachlässig. Auch bei falscher Begründung konnte mit Hilfe des Rechtsanwaltes eine notwendige und zweckmäßige Maßnahme erreicht werden.

Hier Downloaden.

Marburg, den 15.03.2021

Ulrich Stiehl

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